Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei… Das ist der 255. Eintrag der Reihe, und damit genau die passende Nummer, um diese Reihe zu beenden. Man soll ja aufhören wenn es am schönsten ist, aber eigentlich ist einfach nur der Punkt erreicht, wo ich fünf Jahre lang einmal die Woche über ein mehr oder weniger relevantes Album (und manchmal mehrere) geschwafelt habe. Und da ich die Alben alle nach dem Kriterium ausgewählt habe, dass sie ein mehr oder minder halbrundes Jubiläum feiern – was heißt, dass das Alter des Albums ganzzahlig ohne Rest durch fünf teilbar sein soll – ist es nun logisch, dass ich alle Jahrgänge einmal durch habe und mich von nun an mit Alben auseinandersetzen müsste, die ich in der ersten Runde nicht berücksichtigt habe, weil sie mir einfach nicht wichtig genug waren im Vergleich zu denen, die ich hier besprochen habe.
Der langen Vorrede kurzer Sinn: Dieser Eintrag ist nun der letzte in der Reihe „Album der Woche“. Und da passt nun ein Album ganz besonders gut dazu: „Adios“ von den Böhsen Onkelz. Das erschien 2004, was ja nun auch schon wieder 20 Jahre her ist, und markierte damals das Ende der Band. Wie wir inzwischen wissen, war es dann doch nur eine Pause und nicht der endgültige Abschied, aber so ist das ja öfter mal mit dem Rücktritt vom Rücktritt. Über die Gründe war damals viel gesagt und noch mehr verschwiegen worden, vieles kam erst Jahre später ans Licht, da will ich auch gar nicht drauf eingehen – wenn man ganz oben steht (und noch weiter oben als die Onkelz konnte man damals nicht stehen) kann es eigentlich nur noch abwärts gehen, von daher war es damals wohl auch zwingend notwendig, die ganze Sache mit Ansage zum Abschluss zu bringen.
Und so markierte dieses Album also das Ende einer Ära. Die Onkelz waren damals die mit Abstand erfolgreichste Rockband Deutschlands, ihre vorherigen drei Alben standen allesamt an der Spitze der Charts, sie tourten in den größten Hallen der Nation und hatten die geilsten Fans, die man sich vorstellen kann. Natürlich landete auch „Adios“ an der Spitze der Charts.
Ein letztes Mal nehmen die Vier aus Frankfurt also in 15 Songs diverse mehr oder minder relevante Themen aufs Korn und verpacken das in eingängige Melodien. Die sonst übliche Selbstbeweihräucherung entfällt hier allerdings weitestgehend.
Die Scheibe wird von einem flotten Trio eröffnet. Feuer ist der typische Opener, der mit etwas Selbstironie gewürzt drauf einstimmt, dass die Onkelz eine neue Scheibe am Start haben: „Wir bringen euch Feuer, das ist Männersache, wollt ihr der Geschichte Feuer unterm Hintern machen“. Immer auf der Suche ist gleich die nächste Partynummer, wobei ich da aus heutiger Sicht eine gewisse Drogenverherrlichung sehe, was grade im Hinblick auf die Geschichte von Sänger Kevin recht problematisch ist. Zwischendrin wird dann noch das Riff von My Sharona kopiert, kann man schon machen. Die nächste Breitseite richtet sich gegen Dieter Bohlen und die damals von ihm losgetretene Welle von Casting-Shows: „Ich will Mädchen, Möpse und Millionen, mich soll der Bohlen holen“. Egal ob Deutschland nun den Superstar oder das Topfmodell sucht, ich kann mit diesem ganzen Käse nix anfangen.
Danach wird es etwas ruhiger und nachdenklicher, passend zum Gesamtkontext des Albums. Sowas hat man… ist eine Reflektion über das eigene Leben und den Werdegang der Bandmitglieder, wo sich aber viele Fans sicher auch selbst drin gesehen haben. Es folgen einige weniger relevante Songs, die im Albumkontext Sinn machen, aber nicht wirklich zu den relevantesten Hits der Bandgeschichte gehören. Ja, ja richtet sich an Quasselstrippen, die die Klappe nicht halten können („jaja heißt lmaa“), Lass mich gehn ist ein Abgesang auf falsches Heldentum und die Überhöhung der Band durch die Fans („ich bin nicht dass, was du aus mir machst“), und so weiter und so weiter.
Die nächste inhaltlich wirklich relevante Nummer ist Hass-tler, was sich zum wiederholten Mal mit Nazideppen auseinandersetzt. Danach folgt die Single Onkelz vs. Jesus, die gekonnt und mit viel Selbstironie den Größenwahn der Band aufs Korn nimmt – man hatte ja in der Vergangenheit öfter einen auf dicke Hose gemacht und damit öfter mal mächtig angeeckt („es herrscht ein rauer Ton auf dem Weg zum Rock-Diplom. Die Presse war der Richter, nichts als Arschgesichter…“). Und am Ende wars eigentlich alles nur ein großer Zufall, dass die Band da landete wo sie landete.
Und damit ist es dann auch langsam an der Zeit Abschied zu nehmen. Ihr hättet es wissen müssen ist der Abschied der Band, eine Ansage an die Fans: „Trocknet eure Tränen, lasst uns Abschied nehmen, ein letzter Toast, die Zeit ist ein Dieb.“ Für die Band war es ein notwendiger Schritt, für die Fans natürlich eine ziemliche Katastrophe: „Der letzte macht das Licht aus, wir gehen.“ Für etwas tiefschürfende Philosophie ist auch noch Platz: „Die Zeit ist ein Dieb, sie nimmt sich was sie kriegt.“ – nicht ganz das Format von Time von Pink Floyd, aber genauso wahr. Und doch sollte es ein Leben danach geben, das war der Band schon damals klar: „Wir nehmen unseren Hut, alles wird gut.“ Danach folgt dann noch ein instrumentales Outro mit Wellenrauschen am Meeresufer, und dann wars das.
Im Sommer 2005 waren die Onkelz dann vorerst Geschichte. Als krönenden Abschluss trommelten sie über 100.000 Zuschauer am Lausitzring zusammen, um dort über zwei Tage mit erlesenen Gästen (u.a. Motörhead, Rose Tattoo, Children Of Bodom, In Extremo, …) ihren Abschied zu feiern. Den Sonnenbrand hätte ich damals nicht gebraucht, aber ansonsten war das ganz großes Tennis. Danach folgten Soloalben, Kevins kompletter Absturz und Wiederauferstehung, Reunion und neue Alben. Manchmal ist das Ende eben doch nicht so ganz endgültig.
Das ist ein passendes Schlusswort für diese Reihe, denn auch die wird in einer anderen Variante fortgesetzt werden.

27. Dezember 2024, 11:23 Uhr
Danke für alle FF Artikel dieser Reihe!