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Album der Woche

19. Dezember 2024, 10:49 Uhr von Uwe

Es geht auf Weihnachten zu, und da beschäftigen sich einige Leute tatsächlich mit Geistern. Den Geistern von gestern, heute und morgen, oder so ähnlich – keine Ahnung, ich hab Charles Dickens nicht gelesen, und an der Verfilmung mit dem murmeltierhassenden Geisterjäger bin ich bislang auch vorbeigeschrammt. Aber immerhin bietet es sich als um drei Ecken gedachte Einleitung an, denn beim Album der Woche geht es irgendwie auch um Geister.

Oder vielleicht auch nicht, spielt auch eigentlich keine Rolle, auf jeden Fall heißt die Scheibe „Ghosts„, ist 25 Jahre alt und kommt von Rage. Die waren damals stilistisch auf einem echt interessanten Kurs und kreuzten typischen Power Metal mit Orchester, um mehr Tiefe, Dramatik und Epik reinzubringen. Allerdings zerbrach das Lineup während der Aufnahmen, so dass sich Bandchef Peavy Wagner gezwungen sah, mit komplett umgekrempelter Aufstellung auf Tour zu gehen. Bei Rage war in der Hinsicht ja schon immer ein Bäumchen-wechsel-dich angesagt, eben mit Ausnahme von Peavy, der den Karren grob auf Kurs hält und mal mit mehr und mal mit weniger Erfolg neue Platten rausbringt.

Auf dem Album finden sich nun 11 (bzw. 12 bei der Limited Edition) Songs im Spannungsfeld zwischen knüppeligem Power Metal mit großen Melodien und dramatischem Orchestereinsatz, mal eher getragen und schwermütig, mal flott und treibend – Qualitätsstahl aus dem Ruhrpott halt, wie man es schon auf den Vorgängern kannte. Insofern gab es wenig Überraschungen, das Album punktet vor allem mit der Konsistenz, die Songs sind einfach eine runde Sache, es gibt quasi keine Ausfälle, und die Orchesteruntermalung passt auch allerbestens dazu, klaut aber den Gitarren nicht den Biss – was auf späteren Alben irgendwie etwas verloren ging, als es immer pompöser wurde.

Den Auftakt macht Beginning Of The End, passend betitelt für den ersten Song. Die Nummer fällt eher in die schwermütige Ecke mit getragenem Refrain und passender Orchesteruntermalung. Wem das zu düster ist, der ist beim folgenden flotten Back In Time genau richtig – hier bleibt das Orchester im Hintergrund, dafür fräst sich der Refrain durch den Gehörgang direkt ins Hirn („Journey far beyond my memorydriven back in time…“). Hat für mich gewisse Anleihen bei Wasted Years von Iron Maiden.

Das Titelstück bleibt erstaunlich unauffällig, das danach platzierte Wash My Sins Away haut dann wieder in die gleiche Kerbe wie Back In Time, also vorwärts riffende Strophen mit fettem Refrain zum Mitgrölen. Das Kontrastprogramm liefert danach Fear, was dem Titel entsprechend düster mit klimperndem Piano und orchestralen Soundeffekten beginnt, die auch in entsprechende Horrorfilme passen würden. Auch danach bleibt es eher schleppend und ominös duster, während im Hintergrund das Piano Akzente setzt. Nach so viel Düsternis folgt das kurze Love And Fear Unite, was irgendwo zwischen den flotten Stücken und den eher düsteren Sachen landet und auch wieder einen griffigen Refrain anbietet. Anschließend tritt man ziemlich fest auf die Bremse, Vanished In Haze schleppt sich in Zeitlupe über fast fünf Minuten, allerdings nicht wirklich traurig und negativ, auch wenn der Songtitel es vermuten lassen würde. Danach schlägt die Stimmung wieder ins Gegenteil um, also ein flotter Power-Metal-Banger in Form von Spiritual Awakening.

Am Ende des Albums folgen dann noch zwei Highlights. Das erste ist Love After Death, eine traurige und sehr ergreifende Halbballade mit entsprechend getragenen Strophen und einem dazu in großem Kontrast stehenden Refrain, bei dem das Orchester einen Lichtschein an den Horizont malt. Danach folgt noch More Than A Lifetime Away, was zwischen den anderen Highlights etwas untergeht – der Refrain ist auch hier der Killer. Den großen Abschluss bildet danach Tomorrow’s Yesterday, wo in knapp sieben Minuten nochmal alles aufgeboten wird – fettes Orchester, große Melodien, abwechslungsreiches Songwriting, Tempowechsel und prägnante Gitarrensoli.

Fazit: Das Album ist ein Meisterbeispiel dafür, wie man Heavy Metal und Orchester miteinander verbinden kann und enthält wie gesagt keine Ausfälle. Die treibenden flotteren Stücke sind trotzdem meine Favoriten, auf Albumlänge nutzt sich das Konzept für mich dann doch etwas ab, aber das ist meine unmaßgebliche Einzelmeinung.

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