Wo zum Henker ist die Woche hin? Hier hat doch irgendwo einer am Datum gefummelt. Aber gut, die Todoliste sagt, dass jetzt Album der Woche dran ist (neben vielen anderen Dingen, die auch dran wären bzw. schon lange dran gewesen wären und einfach mal gepflegt ignoriert wurden…) und dann mache ich das jetzt mal – dann kann ich immerhin einen Punkt abhaken und so tun als sei das ein weltbewegend großer Erfolg.
Machen wirs kurz und auf den Punkt, ich konnte mich nicht auf ein Album der Woche festlegen, da Judas Priest – die Band der Woche quasi – einfach zu viel Material auf die Menschheit losgelassen haben, dass es unfair wäre da was unter den Tisch fallen zu lassen. Wobei ich das Debüt „Rocka Rolla“ aus dem Jahr 1974 gleich mal mindestens so gekonnt ignoriere wie den Rest der Todoliste, denn das brauchen wirklich nur Komplettisten. In der Folge erschienen bis 1979 aber vier wegweisende Alben, ohne die die Geschichte des Heavy Metal anders geklungen und ausgesehen hätte. Immerhin stammt von Sänger Rob Halford das Outfit mit Leder und Nieten, was von der Szene in den späten 70ern aufgegriffen wurde.
Zum Ende des Jahrzehnts war es also an der Zeit ein Livealbum zu veröffentlichen. Immerhin hatten es andere Bands in den 70ern ja vorgemacht, wie in dieser Reihe auch schon oft erwähnt – Kiss (Alive!) oder UFO (Strangers In The Night) etwa. Judas Priest orientierten sich aber eher an den Scorpions (Tokyo Tapes), Cheap Trick (At Budokan) und Deep Purple (Made In Japan) und nahmen ihre Livescheibe ebenfalls in Japan auf.
Heraus kam „Unleashed In The East„, wobei man dazusagen muss, dass die Liveaufnahmen hinterher im Studio erheblich poliert wurden. So nahm Rob Halford die Gesangsspuren neu auf, weil sie bei den Aufnahmen einfach keine gute Qualität hatten. Das tut dem Spaß an der Sache aber keinen Abbruch. Erster Blickfang ist das ikonische Coverartwork, was frappierend an das Cover von „Live Killers“ von Queen erinnert. Enthalten sind 14 Songs, wobei neuere Releases noch umfangreiches Bonusmaterial enthalten, was ebenfalls damals aufgenommen worden ist.
Wie bei Livealben üblich wird natürlich das beste präsentiert, was man bis dahin so gebastelt hat, und so folgt auch hier Hit auf Hit, egal ob das nun das eröffnende Exciter ist oder das episch ausgewalzte Sinner. Die Band agiert auf den Punkt, das Gitarrenduo Tipton/Downing war zu seinen besten Zeiten sowieso unangreifbar, und Rob Halford konnte mit seinen Stimmbändern Glas zerspringen lassen.
Unter den Songs sind zwei der besten Coverversionen aller Zeiten, nämlich The Green Manalishi (ursprünglich von Fleetwood Mac) und Diamonds And Rust (von Joan Baez), daneben gibt es noch kurzes knackiges (The Ripper, Running Wild) und ausladend monumentales (Victim Of Changes, Genocide). Die ganz schweren Geschütze waren beim originalen Release gar nicht dabei, die Version von Starbreaker haut zum Beispiel die Studiofassung in allen Belangen KO. Ebenfalls schmerzlich vermisst wird Beyond The Realms Of Death, welches nur auf einer seltenen EP verwurstet wurde.
Fazit: Das Album gehört in die Liste der größten Livealben der 70er und ist gleichsam der passende Abschluss der 70er-Phase von Judas Priest, bevor sie im folgenden Jahr mit „British Steel“ den ganz großen Überhit landeten und im Anschluss in erster Linie auf geradlinigen Heavy Metal setzten und damit den amerikanischen Kontinent eroberten.
Womit wir beim Thema wären, denn 1984 erschien „Defenders Of The Faith„. Mit dem Vorgänger „Screaming For Vengeance“ hatte die Band 1982 die Balance gefunden, Eingängigkeit und Radiotauglichkeit mit einer grundlegenden Aggressivität so zu kombinieren, dass weder neue noch alte Fans abgeschreckt wurden (was vorher und hinterher mit „Point Of Entry“ und „Turbo“ alles andere als gelang). Entsprechend ähnlich zum Vorgänger fiel das neue Album aus. Enthalten sind zehn Songs, wobei das Titelstück nur ein kurzes Outro darstellt, was direkt an den Stampfer Heavy Duty angetackert ist.
Bei den restlichen acht Songs geht es es immer schön geradlinig – um nicht bösartig zu sagen formelhaft – in rund vier Minuten zum Ziel, mal etwas länger, mal etwas kürzer. Große Ausfälle gibt es keine, wobei Some Heads Are Gonna Roll recht verzichtbar sind. Die A-Seite enthält quasi ausschließlich Klassiker, angefangen bei Freewheel Burning, weiter mit Jawbreaker (Rob Halfords mit britischem Humor und Augenzwinkern getexteter Beitrag zum Thema Oralsex) und Rock Hard Ride Free und dem abschließenden The Sentinel – für mich der Hit der Platte überhaupt.
Auf der B-Seite wirds etwas getragener, Love Bites oder Night Comes Down setzen mehr auf Atmosphäre denn auf Geschwindigkeit, bevor dann der schon erwähnte Rausschmeißer Heavy Duty/Defenders Of The Faith wie der Metalian auf dem Cover durch die Botanik stapft und alles plattwalzt.
Das Album gehört definitiv zu den relevanten Priest-Alben, irgendwo unter den Top 10 mit Sicherheit, aber wo da ist am Ende eine Frage der Tagesform.
So, Tagesordnungspunkt erledigt, ein Punkt der Todoliste abgehakt, der Tag war damit per Definition erfolgreich. Und morgen ist Freitag, es wird großartig. Und wenn es scheiße wird, wird es wenigstens so richtig großartig voll scheiße.

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