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Album der Woche

5. September 2024, 21:09 Uhr von Uwe

Neue Woche, neues Album der Woche. Und weil mir grad keine blödsinnige Einleitung einfällt, kommen wir eben ohne Umschweife zum Thema.

Das Album der Woche wurde diese Woche 40 Jahre alt, ist monumental verpackt, wurde von einer leider inzwischen verstorbenen Legende produziert und gehört in den Schrank eines jeden Metal-Fans. Die Rede ist von „Powerslave“ von Iron Maiden.

Bei dem Namen fällt einem natürlich sofort das ikonische Artwork ein, mit Eddie als Pharao vor einer Pyramide und mit diversen Easter eggs an mehreren Stellen auf dem Cover. Ähnlich monumental und majestätisch ist die Produktion, aufgenommen wurde auf den Bahamas zusammen mit Martin Birch, der ja bekanntermaßen alles produziert hat, was irgendwie legendär ist (Deep Purple, Rainbow, Whitesnake, Black Sabbath und eben die relevanten Klassiker von Iron Maiden).

Musikalisch bzw. songtechnisch entspricht die erste LP-Seite einer Cosinus-Kurve (stark anfangen, stark nachlassen), die zweite Seite ist hingegen fast durchgehend monumental unangreifbar. Aber der Reihe nach:

Den Auftakt macht Aces High, eine der ganz großen Single-Nummern der Band. Thematisch geht es um die Luftschlacht um England, im Videoclip bzw. live wurde dazu eine Rede von Winston Churchill abgespielt, die er 1940 gehalten hat und die mit den Worten „We will never surrender!“ endet, bevor dann der eigentliche Song beginnt. Highlight ist dabei das Gitarrensolo von Adrian Smith, dass die Atmosphäre von wild umeinanderkreisenden und sich bekämpfenden Flugzeugen einfängt. Bruce Dickinson schreit sich hier natürlich auch wieder die Seele aus dem Leib, der Spitzname „Air Raid Siren“ passt hier ja auch wie die Faust aufs Auge.

Danach folgt mit 2 Minutes To Midnight gleich der nächste Klassiker, der in meinen Ohren aber ziemlich totgenudelt wurde, weil er gemessen an der Länge von sechs Minuten recht wenig Abwechslung bietet. Inhaltlich geht es um die „Doomsday Clock„, die 1953 mit den ersten Wasserstoffbomben auf eben 2 Minuten vor Weltuntergang gestellt wurde. Danach ging es über die Jahrzehnte immer mal vor und zurück, seit 2018 stehen wir wieder bei 2 Minuten vor Weltuntergang, seit 2023 gar bei 90 Sekunden – wundert einen bei der geopolitischen Gemengelage und dem Klimawandel aber auch nicht wirklich.

Wer so stark anfängt kann stark nachlassen, so folgen jetzt vier Songs, die im Rahmen des Albums quasi völlig wurscht sind und auch live größtenteils ignoriert wurden. Losfer Words (Big ‚Orra) ist ein Instrumentalstück (bis heute das letzte der Bandgeschichte), danach wird zweimal vom Fechten gesungen (Flash Of The Blade und The Duellists). Ich schreib das jetzt hier eher despektierlich, andere Bands würden dafür Arme, Beine und Schwiegermütter eintauschen um einmal solche Songs zu schreiben, aber bei Iron Maiden muss man da andere Maßstäbe anlegen.

Die zweite LP-Seite startet mit dem eher unscheinbaren Back In The Village, welches sich mit der englischen Fernsehserie „The Prisoner“ mit Patrick McGoohan (der auch Gegenspieler von Clint Eastwood in Flucht von Alcatraz war und viermal von Columbo als Mörder überführt wurde) beschäftigt, die auch schon für den gleichnamigen Song von „The Number Of The Beast“ Pate stand.

Die ganz großen monumentalepischen Stücke kommen nun ganz am Ende der Scheibe. Da wäre zunächst das Titelstück mit der Thematik des sterbenden Pharaohs, der mit all seiner Macht und all seinem Reichtum am Ende doch den großen finalen Abtritt macht („and in my last hours I’m a slave to the power of death“). Highlight ist hier die zweigeteilte Instrumentalsektion in der Mitte, die aus einem ruhigen und einem schwer elektrifizierten Teil besteht, bei dem sich Adrian Smith und Dave Murray die Bälle zuspielen.

Noch monumentaler und ausufernder ist dann das abschließende Rime Of The Ancient Mariner nach der gleichnamigen langatmigen Vorlage von Samuel Taylor Coleridge. Kurz zusammengefasst geht es darum, dass man einen Albatross besser nicht vom Himmel holt. Das ganze Gedicht hat über 600 Zeilen, und ärgert seit 200 Jahren Schüler und Studenten, die sich daran versuchen dürfen, irgendwelche mehr oder minder durchgeknallten Interpretationen unter dem Motto „was wollte uns der Dichter damit sagen?“ anzufertigen. Steve Harris übernahm bei der Gelegenheit auch gleich einige Zeilen direkt in den Song. Der Song kommt am Ende auch auf fast 14 Minuten Spielzeit, wobei der ruhige Mittelteil bis Minute 7:30 so sehr dahindümpelt wie das Schiff in der Flaute. Danach werden aber alle Register gezogen, und eine episch-monumentale Instrumentalsektion schiebt den Song an wie ein Sturm. Der Abschnitt gehört zum Besten was die Band je komponiert und aufgenommen hat.

Die Scheibe verkaufte sich wie geschnitten Brot und stand in Großbritannien auf Platz 1 der Charts. Die Band ging im Sommer 1984, noch vor der Veröffentlichung des Albums auf eine Welttournee, die der Monumentalität des Albums in Nichts nachstand. Die Bühnenaufbauten waren dem Coverartwork nachempfunden, man trat erstmals hinter dem Eisernen Vorhang auf (in Polen und Ungarn), spielte vor mehreren Hunderttausend Fans in Rio und tourte am Ende fast ein ganzes Jahr am Stück. Dabei entstand dann auch das Referenz-Livealbum der 80er Jahre, nämlich „Live After Death“, was in dieser Reihe schon besprochen wurde.

Fazit: Zwei Single-Klassiker, viermal Füllstoff, zwei Monumentalepen der Extraklasse – und somit ein würdiges Album der Woche.

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