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Herzlichen Glückwunsch

3. Oktober 2007, 09:59 Uhr von Uwe

Meine Güte, 17 Jahre alt wird Neufünfland heute schon… Die Zeit rennt aber auch. Die Wiedervereinigung ist fast 20 Jahre her… zum Vergleich: die DDR existierte nur 40 Jahre. Was wurde damals nicht alles gesagt: Das zusammenwächst, was zusammen gehört. Das es blühende Landschaften geben wird. Das der große Aufschwung Ost kommt.

Hmm, zusammenwachsen… So richtig passend ist ja der Begriff gar nicht für das was da passierte: Der Westen ließ seinen Kapitalismus ungebremst auf den Osten los – mit dem Erfolg, dass jeder fünfte arbeitslos wurde und die nicht konkurrenzfähige Wirtschaft innerhalb kürzester Zeit komplett den Bach runterging. Es wäre Aufgabe des Staates gewesen, die Wucht dieses Aufpralls auf den harten boden der kapitalistischen Realität abzufedern.

Gleichzeitig wurden alle Errungenschaften des Sozialismus (flächendeckend Kita-Plätze, um ein Beispiel zu nennen) als „das ist von den bösen Kommies, das geht ja nicht“ abgeschafft, und im Endeffekt adaptierte der Osten sämtliche Gewohnheiten des Westens. Nach einer ersten Phase der Verblendung stellten dann aber viele Leute fest, dass auch im goldenen Westen nicht alles Gold ist was glänzt. Selbst einigen Politikern ist das inzwischen aufgefallen: Wenn ich mir so anschaue, wie jetzt über die Erhöhung der Kita-Plätze und bessere Bildungschancen gezankt wird stelle ich lapidar fest: „Das hatten wir alles schon mal.“

Gleiches stellt man übrigens auch fest, wenn ein Innenminister sagt, dass „keiner ein Interesse an einem Überwachungsstaat hat„. Ja nee, und keiner hatte vor Mauern zu bauen, schon klar. Aber ich schweife vom eigentlichen Thema ab. Auf jeden Fall ist das mit dem Zusammenwachsen noch lange nicht beendet, wenn ich sehe, mit was für Mauern im Kopf die Leute hier teilweise herumlaufen (hauptsächlich im Westen, aber im Osten gibts auch genug solche Idioten), ist es auch fraglich, ob das in den nächsten 50 Jahren überhaupt machbar ist.

Nun ja, mit 17 Jahren kann man die östlichen Bundesländer zumindest keineswegs mehr mit „neu“ bezeichnen. Sie sind weder neuwertig noch ungebraucht, eher im Gegenteil. An vielen Stellen gibt es ganz erhebliche Gebrauchsspuren in Form von Industrieruinen, zwischen denen das Unkraut wuchert. Das ist denn auch die am häufigsten anzutreffende Form der blühenden Landschaften.

Immerhin gibt es ja wenigstens den Aufschwung Ost – zum Beispiel in Polen oder China. Im Osten Deutschlands ist, abgesehen von einigen wenigen Zentren (Berlin, Leipzig, Dresden), nicht wirklich viel davon zu merken. Viele Jugendliche gehen mangels Alternativen in den Westen (ich bin ja auch nicht in den Schwarzwald gezogen, weil mir hier die Landschaft so gefällt) oder gleich ganz ins Ausland – Globalisierung sei Dank.

Immerhin muß man aber mal deutlich sagen, dass es eine tolle Sache ist, dass ich jetzt hier wohnen und arbeiten kann. Oder um es mit den Worten eines Studienkumpels zu sagen: „Wenn man vor 20 Jahren gesagt hätte, dass ich eines Tages in Hannover arbeiten werde, dann hätte man uns für verrückt erklärt. Das war ja noch weiter weg als Sibirien.“

2 Kommentare zu “Herzlichen Glückwunsch”

  1. chö

    Naja, du machst es dir da ein bisschen einfach. Ich möchte nicht wissen, wo wir heute stünden, hätte es die Wiedervereinigung nicht gegeben. Auch die Arbeitslosen von heute. Egal, schwierige Diskussion.

  2. Uwe

    Eben, schwierige Diskussion. Deshalb nur meine rein subjektive Bauchmeinung zu den feststehenden Fakten.

    Das wird ohnehin die Aufgabe späterer Generationen sein, diese ganzen Abläufe zu bewerten, so wie wir heute z.B. die Geschichte des römischen Reiches sehen und in größeren Zusammenhängen nachvollziehen.

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