Die Fahrphysik der Züge war in Transport Tycoon ursprünglich alles andere als realistisch. Das wurde zunächst in TTDPatch grundlegend verändert durch einen Modus für realistische Beschleunigung. OpenTTD übernahm dieses Modell und ergänzte es noch um weitere Faktoren, so dass inzwischen eine recht komplexe Simulation dahintersteckt. Eben diese wird im folgenden Abschnitt genauer erläutert.

Grundlagen

Das Spiel rechnet vereinfacht gesagt etwa 30x pro Sekunde aus, wie sich jeder Zug verhalten soll, das heißt ob er beschleunigt oder bremst, an einem Signal oder im Bahnhof wartet und so weiter. Diese Berechnung basiert auf allerlei Faktoren, darunter hauptsächlich die Leistung der Lokomotive(n) und das Zuggewicht.

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Die folgenden Absätze enthalten nun eine recht detaillierte Beschreibung der physikalischen Grundlagen. Das ist möglicherweise etwas trocken zu lesen.

Die Grundlage der Berechnung beginnt mit einer recht simplen Formel aus dem Physikunterricht der Schule: Kraft ist Masse mal Beschleunigung (F = m * a). Das Ziel ist allerdings, die Beschleunigung auszurechnen: a = F / m. Die Masse m des Zuges ist bekannt, die ändert sich nur wenn der Zug be- oder entladen wird oder im Depot die Zusammenstellung der Fahrzeuge verändert wird. Die Kraft F ist nun eine Summe aus zwei Teilkräften: Zum einen wirken da die Kräfte, die den Zug voranbringen sollen, nämlich die Zugkraft der Lokomotive(n), und andererseits gibt es Kräfte, die in die Gegenrichtung wirken, Reibung zum Beispiel. Damit geht es nun eigentlich nur noch darum, ob die Zugkraft der Lokomotive(n) oder die Widerstandskräfte größer sind: Sind die Zugkräfte größer ist die resultierende Beschleunigung positiv und der Zug wird schneller - bis zum maximal möglichen Tempo, welches von den Fahrzeugen und der Streckenführung abhängt. Sind die Widerstandskräfte größer ist die resultierende Beschleunigung negativ und der Zug wird langsamer - schlimmstenfalls bis zum Stillstand. Und im seltenen Fall dass die Kräfte gleich groß sind behält der Zug sein momentanes Tempo bei.

Zugkraft und Leistung

Die Zugkraft berechnet sich theoretisch ganz simpel, denn sie hängt nur von der Leistung und der Zugkraft der Lokomotiven ab. Diese Werte findet man z.B. im Infofenster eines Zuges. Wenn mehrere Lokomotiven im Einsatz sind, oder Lokomotiven mehrere Teile haben, so werden die Werte aller Lokomotiven zusammengezählt, um die Summe für den gesamten Zug zu berechnen.

Was theoretisch ganz simpel ist, wird praktisch allerdings etwas komplizierter, denn die Leistung muss erst in Zugkraft umgerechnet werden. Da kommt dann das aktuelle Tempo des Zuges mit ins Spiel, und zwar nach der Formel "Kraft ist Leistung durch Geschwindigkeit: F = P / v

Vereinfacht gesagt hat eine Lok bei geringem Tempo eine hohe Zugkraft zum Beschleunigen des Zuges, bei hohem Tempo jedoch nur noch eine geringe Zugkraft für noch höheres Tempo.

Wenn das Tempo null ist, der Zug also aus dem Stand losfahren soll, ist die Zugkraft theoretisch unendlich groß. Praktisch ist das aber Blödsinn, denn diese theoretisch mögliche Zugkraft ist durch den Wert der maximalen Zugkraft nach oben begrenzt. Das kann man sich wie bei einem Supersportwagen vorstellen: Wenn man da an der Ampel voll aufs Gas tritt, drehen nur die Räder durch und man kriegt die ganze Leistung gar nicht in Beschleunigung umgewandelt. Genau das gleiche würde bei einer Lokomotive auch passieren, die Räder würden durchdrehen und die Schienen glattpolieren. Daher ist die reale Zugkraft am Ende immer allerhöchstens so groß, wie die Zugkraft, die man im Infofenster angezeigt bekommt. Bei modernen Lokomotiven reguliert das die Elektronik, bei Dampfloks muss der Lokführer den Leistungsregler mit viel Gefühl bedienen, da sieht man auf alten Videos öfter mal leicht durchdrehende Räder beim Anfahren.

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Ganz simpel zusammengefasst: Hohe Leistung ist gut für hohe Geschwindigkeit, hohe Zugkraft ist gut für das Anfahren schwerer Züge. Daher haben Lokomotiven für Schnellzüge oft eine hohe Leistung bei eher geringer Zugkraft, Lokomotiven für Güterzüge hingegen haben meist weniger Leistung, dafür aber eine besonders hohe Zugkraft.

Als Beispiele mögen die Werte einiger realer Lokomotiven dienen:

NameBeschreibungGeschwindigkeitLeistungZugkraft
BR 01Dampflok für Schnellzüge130 km/h2240 PS150 kN
BR 38 (pr. P8)Dampflok für Personenzüge100 km/h1180 PS113 kN
BR 44Dampflok für schwere Güterzüge80 km/h1910 PS340 kN
BR 103Elektrolok für Schnellzüge200 km/h10118 PS312 kN
BR 155Elektrolok für Güterzüge125 km/h6930 PS380 kN
BR 218universelle Diesellok160 km/h2800 PS235 kN

Widerstandskräfte

Die Widerstandskräfte sind eine Summe aus mehreren Kräften, die wiederum von verschiedenen Dingen abhängen:

  • Reibungsverluste der Achsen:

    Die Reibung der Achsen und sonstiger mechanischer Teile wird sehr vereinfacht simuliert und entspricht 0.1% des Gewichts des Zuges.

  • Rollreibung auf den Schienen:

    Die Rollreibung der Achsen beträgt grundsätzlich 0.15% der Gesamtmasse des Zuges. Allerdings wird dieser Wert noch mit dem aktuellen Tempo nach oben skaliert, so dass man bei 512 km/h bei 0.3% ankommt. Da die Züge üblicherweise deutlich langsamer fahren, kann man die Rollreibung also mit 0.15-0.25% des Zuggewichtes annehmen.

  • Luftwiderstand

    Der Luftwiderstand berechnet sich aus einigen komplizierten Faktoren. Wichtig sind drei Dinge: Jeder Wagen fügt ein wenig mehr Luftwiderstand hinzu. In Tunneln verdoppelt sich der Luftwiderstand. Der Luftwiderstand steigt quadratisch mit der Geschwindigkeit (Tempo mal 2 ergibt Widerstand mal 4, Tempo mal 4 ergibt Widerstand mal 16 usw.). Bei hohem Tempo ist der Luftwiderstand die größte Widerstandskraft, die ein Zug überwinden muss. Da spielt dann auch die Aerodynamik mit rein, Hochgeschwindigkeitszüge sind ja aus gutem Grund möglichst windschnittig gebaut.

  • Steigungen und Gefälle

    Das Befahren von Steigungen erhöht die notwendigen Zugkräfte enorm. Das merkt man ja auch ganz einfach selbst, wenn man z.B. mit dem Fahrrad fährt - geradeaus in der Ebene fahren geht prima, aber wenn man einen Hügel hinauf will, muss man kräftig treten. Umgekehrt verringert ein Gefälle entsprechend die notwendige Zugkraft, weil der Wagen ja quasi von ganz alleine hinunterrollen will. Diese Werte werden für jeden Wagen des Zuges einzeln bestimmt. Der Widerstand berechnet sich dabei aus der Steilheit der Steigung (3% ist der Standard in OpenTTD, 5% war es in TTDPatch, man kann es in den Spieleinstellungen anpassen) und dem Gewicht des Wagens.

Rechner

Nach so viel Theorie kommen wir nun zur eigentlich relevanten Frage für die meisten Spieler: Welche Lokomotive(n) brauche ich für meine Züge? Oder anders gefragt: Wie viel Leistung bzw. Zugkraft muss ich einem Zug spendieren, damit er ein gewisses Tempo erreicht und auch an Steigungen oder beim Anfahren nicht schlappmacht? Und genau dafür gibt es nun diesen Rechner. Man trägt die relevanten Eckdaten des Zuges ein, und der Rechner spuckt dann (hoffentlich passende) Zahlen aus.

Die Formeln entsprechen dem, was im OpenTTD-Wiki beschrieben ist.

Zuginformationen

Das Fenster mit den Zuginformationen liefert uns alle relevanten Anhaltspunkte in der zweiten Zeile: Gewicht, Leistung, Höchstgeschwindigkeit und maximale Zugkraft. Wichtig ist nur, dass das Gewicht des voll beladenen Zuges genutzt wird, einen leeren Zug zu ziehen ist ja kein Problem.

Für die Werte "Gewicht in der Steigung" bzw. "Gewicht im Gefälle" muss man die Summe der Wagengewichte addieren, die gleichzeitig in einer Steigung unterwegs sein könnten. Nehmen wir an, die gesamte Strecke ist ziemlich flach und enthält nur eine einzige Steigung. Bei Wagen mit normaler Länge (0.5 Felder) können dann zwei Wagen in der Steigung sein, wenn der Zug dort entlangfährt. Nun muss man das Gewicht der beiden voll beladenen Wagen heraussuchen und kann es eintragen. Wenn der Zug mehr als ein Steigungsfeld gleichzeitig erklimmen muss, werden es entsprechend mehr Wagen, die in der Steigung sein können und das Gewicht wird entsprechend mehr. Die Werte für das Gefälle werden auf die gleiche Art bestimmt, sind aber praktisch egal, da ein Zug von alleine den Berg herunterrollt und keine Antriebskraft braucht. Wenn der Zug unterschiedliche Wagen mit unterschiedlichen Gewichten transportiert, sollte man hier immer die schwersten Wagen zum Bestimmen des Gewichtes nehmen.

Die Ergebnisse sind wie folgt zu verstehen: Die ersten vier Werte für Zugkraft, Reibung usw. sind rein informativ. Der Wert "maximales Gewicht in der Steigung" sagt aus, wie viele Tonnen Zuggewicht sich maximal in einer Steigung befinden können, ohne dass der Zug steckenbleibt. Wenn dieser Wert kleiner ist als das Gewicht eines Wagens (oder gar negativ), so wird der Zug an der ersten Steigung hängenbleiben, sofern er nicht mit Höchstgeschwindigkeit hineinfährt und der Schwung reicht, um die Steigung komplett zu überwinden. Der Wert "maximales Gewicht für Anfahren" gibt an, welches Zuggewicht die Lok in der Ebene aus dem Stand beschleunigen kann. Es ist vermutlich ein sehr hoher Wert, aber die Zeile danach ("Erreichbare Höchstgeschwindigkeit") zeigt dann an, welches Tempo der Zug maximal erreichen kann - da sind die Grenzen für das Gewicht deutlich niedriger.

PS

kN

t

%

t

t

Ergebnisse

kN

kN

kN

kN

t

t

km/h